Kastration ja oder nein?

Ich möchte vorab betonen, dass ich ein überzeugter Gegner der Kastration bin, sofern nicht wirklich schwerwiegende gesundheitliche Gründe vorliegen. Auch Scheinträchtigkeiten bei Hündinnen haben ihren natürlichen Hintergrund und ihre Berechtigung – und es gibt viele sanfte, natürliche Hilfsmittel, die unterstützend wirken können, ohne direkt zu solch drastischen Maßnahmen zu greifen.

Wer glaubt, ein Hund sei einfacher zu erziehen, wenn er kastriert ist, sollte vielleicht einen kritischen Blick auf die eigene Fähigkeit zur Führung und Erziehung eines Hundes werfen. Unsere Hunde brauchen keine Operation, um "praktischer" für uns zu sein – sie brauchen Verständnis, Geduld und eine klare, liebevolle Führung.

Wenn man sich daran stört, dass eine Hündin zweimal im Jahr läufig wird oder währenddessen etwas Blut verliert, sollte man ernsthaft überlegen, ob ein Hund überhaupt ins eigene Leben passt. Hunde sind Lebewesen mit natürlichen Bedürfnissen und Instinkten, und für unsere Bequemlichkeit sollten sie keinen unnötig hohen Preis zahlen müssen.

Ähnlich verhält es sich mit Rüden, die ihr Revier markieren – ein ganz normales Verhalten. Wer sich daran stört, sollte vielleicht besser über ein Stofftier nachdenken. Schließlich kaufen wir uns doch einen Hund, weil wir ihn als das lieben, was er ist – mit all seinen natürlichen Eigenschaften.

Und mal ehrlich: Ich habe meinen Mann auch nicht „kastrieren“ lassen, nur weil er jeden Morgen eine „Morgenlatte“ hat. 😉

Kastration von Rüden und Hündinnen

Ein spannendes Thema, dem ich lange aus dem Weg gegangen bin, weil es die Gemüter wirklich erhitzen kann. Wir Menschen gehen sehr unterschiedlich damit um: Die einen entscheiden sich schnell und ohne große Überlegungen, die anderen zerbrechen sich den Kopf.

Auch ich gehörte bei meinem Seelenhund Freddy zu den Menschen, die nicht nachgedacht und nichts hinterfragt haben. Ich habe „blind“ darauf vertraut, was andere gesagt haben:

„Petra, wenn du nicht züchten willst, kastrier ihn doch. Dann bleibt er bei dir und rennt nicht läufigen Hündinnen über die Straße hinterher.“

Damals führte direkt an unserem Hof eine Straße vorbei, auf der die Autofahrer wie verrückt gefahren sind. Allein im ersten Jahr wurden uns vier Katzen überfahren. Die Vorstellung, dass auch mein Freddy von einem Auto erfasst werden könnte, brach mir das Herz. Also fiel die Entscheidung schnell: Ab zum Tierarzt, und schnipp schnapp – die Eier waren ab.

Heute kann ich sagen, dass Freddy und ich wirklich Glück gehabt haben. Es hätte auch böse nach hinten losgehen können. Aus heutiger Sicht, mit meiner Erfahrung und meinem Wissen, würde ich es nicht mehr so machen. Ich habe leider schmerzlich bei meiner geliebten Flocke erkennen müssen, welche Auswirkungen eine Kastration haben kann. Dazu später mehr.

Wer kennt es nicht: den stolzen Dobermann mit kopierten Ohren und kupierter Rute. Wenn man heute so einen Hund sieht, denkt man sich seinen Teil. Wenn man extrovertiert ist, spricht man den Besitzer vielleicht sogar darauf an:

„Das ist verboten!“

Dieser Hinweis ist an sich korrekt, denn das Kupieren von Ohren und Ruten fällt unter § 6 des Tierschutzgesetzes. Aber was sagt dieser Paragraph eigentlich genau aus?

Nach § 6 des Tierschutzgesetzes fällt die Kastration von Hunden (sowohl Rüden als auch Hündinnen) ebenso wie das Kupieren von Ohren und Ruten oder das Entfernen der Wolfskrallen unter das Amputationsverbot. Solche Eingriffe dürfen nur bei Vorliegen medizinischer Gründe vorgenommen werden.

Hand aufs Herz – die häufigsten Gründe für Kastrationen

Besitzer von Rüden klagen häufig über:

  • Ziehen an der Leine
  • Jaulen
  • Unruhe am Zaun, wenn eine läufige Hündin in der Nähe ist

Besitzer von Hündinnen stört:

  • Das Bluten während der Läufigkeit (in der Regel zweimal im Jahr)
  • Einschränkungen während der „Standtage“

Manche meiden in dieser Zeit Spaziergänge auf stark frequentierten Wegen. Andere nutzen Hundehöschen, um das Problem zu lösen. Es gibt Möglichkeiten, die ohne Eingriffe auskommen.

Doch gerade in der Pubertät sind viele Hunde „komplett durch den Wind“. Ja, das ist anstrengend! Aber Hand aufs Herz: Wusstet ihr das nicht vorher?

Warum muss das Tier für unsere Bequemlichkeit herhalten? Wir Menschen haben doch selbst Stimmungsschwankungen und waren in der Pubertät nicht immer einfach. Hat man uns deshalb kastriert? Natürlich nicht! Warum also unsere Hunde?

Ich sage nicht, dass es keine medizinischen Gründe gibt, die eine Kastration notwendig machen können. Aber solche Eingriffe haben Folgen.

Flocke – ein schmerzhaftes Beispiel

Meine geliebte Flocke hatte im Januar 2022 Komplikationen bei der Geburt ihrer Welpen. Ein toter Welpe lag so ungünstig im Geburtskanal, dass nur ein Kaiserschnitt helfen konnte. Die OP war dramatisch, und wir hätten Flocke fast verloren. Während des Eingriffs musste die Gebärmutter entfernt werden. Ohne mein Wissen wurden auch die Eierstöcke entfernt.

Nach ihrer Genesung beobachtete ich Veränderungen: Flocke, einst hoch in der Rudelhierarchie, rutschte ab. Sie wurde unsicher, unterwürfig und ängstlich. Die anderen Hündinnen attackierten sie, was zu Verletzungen führte. Erst dann erfuhr ich, dass Flocke „komplett ausgeräumt“ worden war – ihre Hormonproduktion war beendet.

Die Hormone fehlten, und das Rudel reagierte darauf. Flocke hat unter diesen Folgen sehr gelitten.

Nachteile einer Kastration

  • Tiefgreifender Eingriff: Besonders bei Hündinnen ist die Kastration ein großer Eingriff mit erheblichen Schmerzen.
  • Entwicklung gestört: Frühkastrationen unterbrechen die biologische und geistige Entwicklung.
  • Übergewicht: Kastrierte Hunde neigen aufgrund eines veränderten Stoffwechsels oft zu Übergewicht.
  • Harninkontinenz: Besonders große Hündinnen sind gefährdet.
  • Fellveränderungen: Langhaarige Hunde entwickeln oft stumpfes „Welpenfell“.
  • Wesen und Verhalten: Fehlende Sexualhormone können zu Teilnahmslosigkeit, Ängstlichkeit oder Aggression führen.

 

Medizinische Gründe für eine Kastration

Es gibt jedoch auch berechtigte medizinische Gründe:

Rüden:

  • Hodenhochstand
  • Prostataerkrankungen
  • Hodentumore
  • Perianalhernie

Hündinnen:

  • Pyometra (Gebärmuttervereiterung)
  • Wiederkehrende Scheinschwangerschaften
  • Tumore an Eierstöcken oder Gebärmutter
  • Scheidenvorfall

Fazit

Ich kann euch nicht vorschreiben, was ihr tun sollt. Aber ich bitte euch, im Interesse eures Hundes kritisch abzuwägen, ob eine Kastration wirklich notwendig ist. Die Pubertät geht vorbei, und die meisten Probleme lösen sich mit der Zeit.

Stellt das Wohl eures Hundes an erste Stelle! Und denkt daran: Eine Sterilisation kann eine Alternative sein, wenn ihr nur eine unkontrollierte Vermehrung verhindern wollt.

Alles Liebe,
Petra

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